Sozialpartner im privaten Bankgewerbe schnüren Zukunftspaket: Umfangreicher Tarifvertrag für Nachwuchskräfte und attraktive neue Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell vereinbart

Berlin
23.11.2023

Dr. Thomas A. Lange: „Ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Verbandstarifverträge“
Nachwuchskräfte-Tarifvertrag verbessert bereits sehr gute Arbeitsbedingungen für Berufseinsteiger im Bankgewerbe
Private Banken stärken Vorreiterrolle in der betrieblichen Altersversorgung

Die Tarifparteien im privaten Bankgewerbe haben sich auf zwei bedeutende Tarifverträge sowie weitere Regelungen zur Modernisierung der Verbandstarifverträge geeinigt. Nach über dreieinhalb Jahren haben der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) sowie die Gewerkschaften Verdi und DBV ihre Verhandlungen über einen eigen-ständigen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag und einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente erfolgreich abgeschlossen. Darüber hinaus haben sich die Sozialpartner darauf verständigt, tarifliche Arbeitsfreistellungen auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu erstrecken und Entgeltumwandlung auch für das Leasing zum Zwecke nachhaltiger Mobilität (z.B. für E-Bikes) zu er-möglichen. Alle Regelungen treten zum 1. Dezember 2023 in Kraft.

Dr. Thomas A. Lange, Vorsitzender des AGV Banken: „Das ist ein guter Tag für die Sozialpartnerschaft in der Kreditwirtschaft und ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Verbandstarifverträge. Mit diesem Zukunftspaket unterstreichen Arbeitgeber und Gewerkschaften ihren Handlungswillen, wenn es darum geht, die Arbeit im privaten Bankgewerbe zeitgemäß und attraktiv zu gestalten.“ Dafür gelte allen Beteiligten großer Dank, beim Sozialpartnermodell zusätzlich der BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG als durchführender Versorgungseinrichtung.

Der Nachwuchskräfte-Tarifvertrag sei ein wichtiges Signal an junge Menschen, dass die privaten Banken moderne und verantwortungsvolle Arbeitgeber seien. „Wir haben viele spannende Tätigkeiten zu bieten und verbessern mit unserem neuen Tarifvertrag noch einmal die heute schon sehr guten Arbeitsbedingungen für unsere Nachwuchskräfte“, sagt Dr. Thomas A. Lange. In der betrieblichen Altersversorgung schlage das private Bankgewerbe durch den Abschluss des Tarifvertrages ein neues Kapitel auf; als eine der ersten Branchen setzten die privaten Banken das Sozialpartnermodell um und stärkten damit ihre Vorreiterrolle in der Alterssicherung von Beschäftigten. „Wir schaffen die Möglichkeit, das bereits hohe Versorgungsniveau in unserer Branche mit höheren Renditechancen nochmals aufzuwerten und weitere Beschäftigte in betriebliche Altersversorgungs-Systeme einzubeziehen“, so Dr. Thomas A. Lange. Zugleich sende die Branche ein positives Signal an die Politik: „Wir sind uns unserer Verantwortung als Sozialpartner bewusst, eine zukunftsfeste Altersversorgung für möglichst viele Beschäftigte aktiv mitzugestalten – mit maßgeschneiderten branchenspezifischen Lösungen.“

Eckpunkte Nachwuchskräfte-Tarifvertrag

Der neue Nachwuchskräfte-Tarifvertrag bündelt alle bislang im Manteltarifvertrag (MTV) und im Gehaltstarifvertrag enthaltenen Regelungen für Nachwuchskräfte, übernimmt weitere wesentliche MTV-Regelungen und ergänzt sie um folgende neue Elemente:

  • Einbeziehung dual Studierende: Der Tarifvertrag gilt nicht nur für Auszubildende, sondern erstmals für alle Nachwuchskräfte inklusive dual Studierender.
  • Einheitliche Vergütung, zusätzliche Vergütungsstufe für dual Studierende: Für alle Nachwuchskräfte gilt eine einheitliche Vergütung in der Höhe, wie sie im jüngsten Tarifabschluss festgelegt wurde (monatlich 1.150/1.220/1.300 Euro im 1./2./3. Ausbildungsjahr). Dual Studierende erhalten im letzten Studienjahr eine monatliche Vergütung von 1.390 Euro. Damit liegen die privaten Banken in der Spitzengruppe der deutschen Wirtschaft.
  • Lernmittelzuschuss: Alle Nachwuchskräfte erhalten für ihre Ausbildung jährliche Lernmittelzuschüsse. Diese betragen zu Ausbildungsbeginn 300 Euro, zwölf Monate später 200 Euro und weitere zwölf Monate später 150 Euro; bei einer dreijährigen Ausbildung summieren sich die Zuschüsse damit auf 650 Euro. Auf die Lernmittelzuschüsse werden vergleichbare betriebliche Leistungen angerechnet.
  • Erweiterte Übernahmeregelung: Nachwuchskräfte werden unter bestimmten Bedingungen unbefristet übernommen. Zunächst werden sie nach bestandener Abschlussprüfung bei betrieblichem Bedarf mindestens befristet für 12 Monate übernommen, sofern nicht personen-, verhaltens-, betriebsbedingte oder gesetzliche Gründe entgegenstehen. Im Anschluss daran werden sie bei entsprechender Bewährung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, sofern im Betrieb ein entsprechender Arbeitsplatz zur Besetzung in diesem Zeitpunkt ausgeschrieben ist, der eine ausbildungsadäquate Beschäftigung auf
    Dauer ermöglicht. Die Regelung gilt für Nachwuchskräfte, die sich derzeit in Ausbildung/dualem Studium befinden oder deren Ausbildungs-/ Studienverhältnisse bis 2025 beginnen. Damit erweitern die Sozialpartner im privaten Banken ihre 2019 vereinbarte Übernahmeregelung und schaffen für alle Nachwuchskräfte klare Beschäftigungsperspektiven im Anschluss an die Ausbildung.
  • Recht auf Teilzeit-Ausbildung: Auszubildende können ihre Ausbildung künftig unter bestimmten Bedingungen auch in Teilzeit absolvieren, etwa bei Betreuungsverpflichtungen oder einer Schwerbehinderung.
  • Freistellung dual Studierender für Bachelorarbeit: Analog zum bereits bestehenden Freistellungsanspruch für Auszubildende von 3 Tagen zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung erhalten dual Studierende Anspruch auf bezahlte Freistellung von 3 Arbeitstagen zur Fertigstellung ihrer Bachelorarbeit.
  • Anerkennung von Wartezeiten beim Krankengeldzuschuss: Zeiten der dualen Berufsausbildung beim selben Arbeitgeber gelten bei einer späteren Beschäftigung im privaten Bankgewerbe als Wartezeit bei der Gewährung des Krankengeldzuschusses.
  • Erstreckung von § 78a BetrVG auch auf dual Studierende: Der besondere Schutz des § 78a BetrVG (Weiterbeschäftigungsregelung) für Mitglieder in Jugend- und Auszubildendenvertretungen gilt künftig nicht nur für Auszubildende, sondern auch für dual Studierende.
  • Erklärung zur Nachhaltigkeit: Die Tarifvertragsparteien werden sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die neue Standard-Berufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ in die Ausbildungsordnung für Bankkaufleute übernommen wird und dass Nachwuchskräften in der betrieblichen Praxis – etwa durch Projektarbeit – Nachhaltigkeitsthemen vermittelt werden.

Eckpunkte Tarifvertrag Altersversorgung (Sozialpartnermodell Betriebsrente)

Der neue TV Altersversorgung (Tarifvertrag über die Möglichkeit zur Erteilung einer reinen Beitragszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG) erweitert die bereits überdurchschnittlich guten Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung im privaten Bankgewerbe um eine zusätzliche Option. Damit können Unternehmen ihren Beschäftigten eine renditestarke Altersversorgung anbieten, ohne das Risiko einer Arbeitgeberhaftung in der Zukunft übernehmen zu müssen. Dieses neue Modell kann nur durch Tarifvertrag vereinbart werden und setzt zusätzlich voraus, dass sich die Sozialpartner an der Durchführung und Steuerung des Modells beteiligen. Die Eckpunkte im Einzelnen:

  • Optionsmodell: Die Entscheidung darüber, ob das neue Modell eingeführt wird, liegt bei den Unternehmen. Die Einführung erfolgt in Unternehmen mit Betriebsrat vorrangig durch eine Betriebsvereinbarung, in der bestimmte Einzelheiten (etwa zum anspruchsberechtigten Personenkreis, zum Beitragsanteil der Arbeitnehmer und zu möglichen Finanzierungsformen) geregelt werden; der Beitragsanteil des Arbeitgebers ist bereits abschließend im Tarifvertrag geregelt. Die Tarifparteien haben sich auf eine Muster-Betriebsvereinbarung verständigt, die Anlage zum Tarifvertrag ist.
  • Keine Arbeitgeberhaftung, höhere Renditechancen: Die reine Beitragszusage verpflichtet den Arbeitgeber zur Abführung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung und zur Weitergabe eingesparter Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber keine weiteren Pflichten; insbesondere steht er weder für Versorgungsleistungen in bestimmter Höhe ein, noch trifft ihn nach Eintritt des Versorgungsfalles eine Pflicht zur Prüfung oder Anpassung der Versorgungsleistungen. Im Gegenzug für diesen Garantieverzicht ermöglicht die reine Beitragszusage eine chancenorientiertere Kapitalanlage und damit höhere Rentenleistungen. Zur Absicherung dieser Finanzierungsform ist im Tarifvertrag zusätzlich ein Sicherungsbeitrag vereinbart.
  • BVV als exklusiver Partner: Als Versorgungseinrichtung haben sich die Tarifvertragsparteien auf die BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG verständigt, einen der Versorgungsträger im BVV-Verbund. Der dazu zählende BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. ist gemessen am verwalteten Vermögen Deutschlands größte Pensionskasse und seit 1909 das Branchenversorgungswerk für Banken und Finanzdienstleister. Der Aufsichtsrat des BVV Pensionsfonds ist mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt und verfügt damit selbst über bewährte sozialpartnerschaftliche Strukturen, wie sie auch in der Steuerung des neuen Modells gefragt sind.
  • Durchführung und Steuerung durch die Sozialpartner: Die Sozialpartner sind über einen paritätisch besetzten Beirat an der Durchführung und Steuerung der reinen Beitragszusage beteiligt.
  • Zwei Produktvarianten: Der BVV Pensionsfonds bietet für die reine Beitragszusage zwei Finanzierungsformen an, eine chancen- und eine sicherheitsorientierte Variante. Die chancenorientierte Variante ermöglicht eine höhere Kapitalanlagerendite als die sicherheitsorientierte Variante. In beiden Produktvarianten werden sämtliche Ergebnisse der Kapitalanlage an die Versorgungsberechtigten ausgezahlt; das ermöglicht überdurchschnittlich hohe Rentenleistungen.
  • Geltung für Unternehmen mit und ohne Tarifbindung: Der Tarifvertrag ermöglicht Unternehmen mit und ohne Tarifbindung die Durchführung einer reinen Beitragszusage. Um auch Belegschaften nicht tarifgebundener Unternehmen im privaten Bankgewerbe eine Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell anbieten zu können, gelten für diese Unternehmen abweichende Arbeitgeber-Beitragssätze. Auch Unternehmen außerhalb des privaten Bankgewerbes, die an einen anderen bundesweit geltenden Verbandstarifvertrag gebunden sind, können das Sozialpartnermodell nutzen, sofern die in ihrem Bereich tarifvertragschließenden Gewerkschaften der Anwendung des Tarifvertrags zustimmen; für diese Unternehmen gelten die Beitragssätze für tarifgebundene Unternehmen.
  • Hybride Gestaltung des Arbeitgeberbeitrags mit stufenweisem Anstieg: Die Arbeitgeber leisten in das neue System langfristig Beitrags¬sätze oberhalb des heutigen Mindestbeitrags-Niveaus im BVV Versicherungsverein. Um Unternehmen in der Einführungsphase des neuen Modells nicht zu überfordern, steigt der Arbeitgeber-Beitragsanteil deshalb schrittweise in zwei Stufen: In den ersten beiden Jahren nach der betrieb¬lichen Einfüh¬rung des Sozialpartnermodells leisten tarifgebundene Arbeitgeber einen Gesamtbeitrag in Höhe von 1,75 Prozent des Brutto-Monatsgrundgehalts, in den darauf folgenden zwei Jahren 2,0 Prozent und anschließend 2,25 Prozent (Höchststufe). In Unternehmen ohne Tarifbindung liegen diese Stufen niedriger (Ausgangsstufe 1,15 / Zwischenstufe 1,4 / Höchststufe 1,65 Prozent); dadurch wird es diesen Unternehmen erleichtert, bislang unversorgten Beschäftigten eine Altersversorgung anzubieten und damit deren Verbreitung insgesamt zu erhöhen. Die Höhe der Arbeitgeberbeiträge ist im Tarifvertrag abschließend geregelt und kann betrieblich nicht verändert werden. In den Arbeitgeberbeiträgen ist in der chancenorientierten Produktvariante ein Sicherungsbeitrag in Höhe von 0,15 Prozentpunkten enthalten, der zur Bildung eines Puffers dient. Die Beiträge, die der Arbeitgeber bereits in andere Systeme der betrieblichen Altersversorgung leistet, sind – unabhängig von Tarifbindung und gewählter Produktvariante – auf die Beiträge zum Sozialpartnermodell anrechenbar.
  • Mindest-Arbeitnehmerbeitrag: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten einen Beitrag von mindestens 1,0 Prozent des tarifvertraglichen Brutto-Monatsgehalts bzw. bei außertariflicher Vergütung des vertraglich vereinbarten Brutto-Monatsgehalts.
  • Sonderregelung für geringere Einkommen: Für Beschäftigte mit geringeren Einkommen (Fälle des § 100 Abs. 3 Ziff. 3 EStG, monatliches Arbeitsentgelt derzeit maximal 2.575 Euro) leistet der Arbeitgeber unmittelbar bei Einführung des Sozialpartnermodells den Höchstbeitrag von 2,25 Prozent (tarifgebundene Unternehmen) bzw. 1,65 Prozent (nicht tarifgebundene Unternehmen). Darüber hinaus können die Betriebsparteien für diesen Personenkreis regeln, dass kein Arbeitnehmerbeitrag geleistet werden muss, dies aber möglich ist.

Der Tarifvertrag liegt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor. Sobald die BaFin die Unterlagen des BVV Pensionsfonds für unbedenklich erklärt hat, kann die neue Altersversorgung starten und der BVV Pensionsfonds Beiträge entgegennehmen.

Änderungen im Manteltarifvertrag (MTV)

 Die Tarifvertragsparteien haben zusätzlich den MTV an zwei Stellen modernisiert. Zum einen gelten tarifliche Arbeitsfreistellungen aus familiären Anlässen künftig nicht mehr nur für Eheleute und eingetragene Lebenspartnerschaften, sondern auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Zum anderen können die Beschäftigten im privaten Bankgewerbe künftig Entgeltbestandteile nicht mehr nur in Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung, sondern auch für das Leasing zum Zwecke nachhaltiger Mobilität (z.B. für E-Bikes) umwandeln. Damit reagieren die Sozialpartner auf veränderte Gesellschafts- und Lebensumstände.

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Dem AGV Banken gehören rund 100 Institute (Großbanken, Regionalbanken, Pfandbriefbanken, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen) mit rund 135.000 Beschäftigten an. Der Arbeitgeberverband vertritt die sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder, schließt als Tarifträger auf Bundesebene Tarifverträge mit den Gewerkschaften ab, informiert und berät die Mitgliedsinstitute und vertritt sie vor Arbeits und Sozialgerichten in Grundsatzfragen. Darüber hinaus nimmt er die sozialpolitischen Belange des privaten Bankengewerbes gegenüber Regierungs- und Verwaltungsstellen wahr. Der AGV Banken unterstützt seine Mitglieder in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und berät die zuständigen Ministerien bei der Entwicklung von einschlägigen Gesetzen und Ausbildungsordnungen.