Arbeits- und sozialpolitische Agenda

Der AGV Banken vertritt die Positionen des privaten Bankgewerbes verstärkt direkt gegenüber der Politik, insbesondere bei besonderer Betroffenheit der Banken in Gesetzgebungsprozessen. Derzeit wichtigstes Handlungsfeld ist die Beteiligung an der „Politikwerkstatt Mobile Arbeit“ des Bundesarbeitsministeriums. Darüber hinaus hat sich der Verband in Ministerbriefen zum Nachweisgesetz und zu Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen für die Belange der Branche eingesetzt und die Interessen der Arbeitgeber auf wichtigen Veranstaltungen vertreten.

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Gesetzgebung zur Mobilarbeit

Politikwerkstatt Mobile Arbeit des Bundesarbeitsministeriums: AGV Banken in Dialogprozess eingebunden

Im zweiten Halbjahr 2022 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) innerhalb des Schwerpunkt-Projekts »Arbeit: sicher + gesund« einen umfangreichen Dialogprozess mit verschiedenen Interessengruppen zum mobilen Arbeiten gestartet, der im Rahmen einer »Politikwerkstatt Mobile Arbeit« bis Herbst 2023 läuft. Dabei sollen unterschiedlichste Fragestellungen und Haltungen zur mobilen Arbeit erfasst, diskutiert und ausgewertet werden, u.a. Aspekte zur Arbeitsgestaltung, zum Erörterungsanspruch, zur Führung, Erreichbarkeit und zum mobilen Arbeiten aus dem Ausland. Vertreten sind Expert*innen der Bereiche Arbeitsgestaltung, Wissenschaft, Sozialpartner, HR und Führungskräfte, Beschäftigte, Steuern und Recht, Büroausstattung und Immobilienwirtschaft. Ziel soll am Ende eine Regelsetzung sowie Hilfestellungen und Empfehlungen sein.

Der AGV Banken ist seit Beginn eng in diesen Prozess eingebunden, weil das Bankgewerbe zu den Branchen mit der weitesten Verbreitung von Mobilarbeit und der höchsten Digitalisierungs-Dynamik zählt und der Verband seine Expertise auch stellvertretend für die wissensbasierten Dienstleistungen in die Politikwerkstatt einbringt. Parallel ist der AGV Banken Mitglied in der Projektgruppe „Mobile Arbeit“ bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

In der Auftaktveranstaltung der Politikwerkstatt am 22. September 2022 (virtuelles Format) erhielten die rund 100 beteiligten Expert*innen nach einer Begrüßung durch Staatsekretärin Lilian Tschan Impulse unter anderem zu den Aspekten Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Arbeitszeit, Arbeitsorganisation und Unternehmenskultur. Darüber hinaus gab es über die Webplattform des BMAS die Möglichkeit zum fachlichen Austausch und zur Vernetzung. Bis Juni 2023 wird sich der Dialogprozess in Online-Veranstaltungen vier Themenblöcken widmen: Raum und Fläche, Organisation, Beschäftigtenperspektive sowie Führung und Unternehmenskultur.

Nachweisgesetz

Nachweis der Arbeitsbedingungen nur in Schriftform: Rückschritt in bürokratische Muster vergangener Jahrzehnte – AGV-Schreiben an Minister Heil

Die Novelle des Nachweisgesetzes (NachwG) zum 1. August, mit der die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie von 2019 in deutsches Recht umgesetzt wird, sorgt für erheblich zusätzliche Bürokratie: Für den Arbeitsnachweis verlangt der deutsche Gesetzgeber trotz fortschreitender Digitalisierung und deutlicher Intervention der Arbeitgeber auch im Jahr 2022 noch die strenge Schriftform statt der elektronischen Bereitstellung der erforderlichen Informationen – obwohl die EU-Richtlinie die elektronische Form ausdrücklich vorsieht und diese in allen anderen EU-Ländern möglich ist.

Die Banken trifft die aufwändige deutsche Sonderregelung besonders: Die vielen Umbrüche in der Branche führen zu besonders vielen personellen Veränderungen, die nun alle schriftlich dokumentiert werden müssen. Der AGV Banken hat sich deshalb Mitte Juli 2022 in einem Schreiben an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gewandt und den Minister eindringlich gebeten, das Schriftformerfordernis umgehend durch die Möglichkeit zur elektronischen Bereitstellung der erforderlichen Informationen zu ersetzen.

Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen

AGV Banken fordert Gleichbehandlung von Bankbeschäftigten – Brief an Kanzleramtsminister Schmidt

Im Rahmen der „Konzertierten Aktion“ zur Bewältigung der erhöhten Inflation hat die Bundesregierung Mitte September 2022 den Sozialpartnern das Angebot unterbreitet, Einmalzahlungen bis 3.000 Euro von Steuern und Sozialabgaben zu befreien, womöglich auch – wie schon bei der „Corona-Prämie“ – im Rahmen von Tarifabschlüssen. In einem Brief an Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt hat sich der AGV Banken Ende September dafür eingesetzt, dass eine solche Regelung nicht erst für künftige Tarifergebnisse gilt, sondern im Sinne der Gleichbehandlung alle Abschlüsse einbezieht, die bereits unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und seiner Folgen vereinbart wurden – und damit auch den Banken-Tarifabschluss vom 6. April, der ganz bewusst zwei Einmalzahlungen enthält, um untere Einkommensgruppen besonders zu unterstützen.

Zugleich hat der AGV Banken signalisiert, dass viele Unternehmen im privaten Bankgewerbe bereit sind, in der aktuellen Ausnahmesituation Verantwortung zu übernehmen und Erleichterungen für Beschäftigte zu ermöglichen. Die Voraussetzungen und Möglichkeiten dafür seien aber sehr unterschiedlich. Der Verband hat die Politik deshalb darum gebeten, dass begünstigte Einmalzahlungen freiwillig bleiben. Unter diesen Voraussetzungen sei der AGV bereit, sich für eine möglichst breite Anwendung des geplanten Instruments in der Branche einzusetzen.

Futurework 22

AGV Banken auf der Futurework 22: Gute Ansätze für die Arbeitsgestaltung von morgen

Auf der Futurework 22 auf dem Euref-Campus in Berlin, dem größten Festival zur Zukunft der Arbeit in Deutschland, war der AGV Banken am 23. Juni 2022 an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Schöne neue Arbeitswelt – gilt das wirklich für alle?“ beteiligt. AGV-Hauptgeschäftsführer Carsten Rogge-Strang diskutierte mit Staatssekretärin Lilian Tschan (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), Annett Polaszewski-Plath vom Zahlungsverkehrs-Dienstleister Mollie und Isabell Senff, Betriebsrätin der Deutschen Post AG. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich die neuen hybriden Arbeitsformen sicher, gesund und motivierend, gestalten lassen, wie alle Beteiligten mit der hohen Veränderungsgeschwindigkeit umgehen und welche Regelungen und Verabredungen zu treffen sind. Die Antwort: Es kommt darauf an. Auf dem Panel unter Moderation von Frank Specht (Handelsblatt) waren sich die Teilnehmer*innen einig, dass Gesetzgeber, Sozialpartner, Unternehmen, Führungskräfte und Beschäftigte Arbeit sehr viel differenzierter als früher betrachten und gestalten müssen – und dass dafür Vertrauen ein entscheidender Faktor ist.

Carsten Rogge-Strang betonte in der Diskussion fünf wesentliche Punkte:

  • Die neue Arbeitswelt bleibt bunt, was den Arbeitsort angeht; ein Zurück zur reinen Büroarbeit ist ebenso wenig realistisch und erstrebenswert wie vollständige Mobilarbeit.
  • Um hoch qualifizierte Beschäftigte zu halten und zu gewinnen, braucht es ein attraktives hybrides Arbeitsumfeld, das weder die Beschäftigten noch die Unternehmen und ihre Arbeitsorganisation überfordert – mit Büroarbeit, die echten Mehrwert bietet (etwa für den informellen Austausch und Kreativprozesse).
  • Unternehmen und Beschäftigte brauchen schnellstmöglich einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen, um Mobilarbeit auch aus dem Ausland rechtssicher und effizient zu ermöglichen.
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz bleiben auch in hybriden Arbeitsformen essenziell, erfordern aber ebenfalls einen weiteren und differenzierteren Blick.
  • Nach dem zweijährigen Feldversuch zu mobiler Arbeit während der Pandemie sollte die Politik den Mut für den großen Wurf haben und einen flexiblen Arbeitszeitrahmen ermöglichen, der von der täglichen auf wöchentliche Höchstarbeitszeit umstellt. Zugleich sollte sichergestellt werden, dass betriebliche Aushandlungsprozesse zu mobiler Arbeit die Unternehmen nicht überfordern.

PEAG-Personaldebatte

PEAG-Personaldebatte zum Frühstück: AGV-Forderung nach beschleunigter Digitalisierung

Die Digitalisierung bleibt eine der größten Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarktes. Darüber waren sich AGV-Hauptgeschäftsführer Carsten Rogge-Strang und Maik Außendorf, Mitglied der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und in den Ausschüssen Wirtschaft und Digitales des Deutschen Bundestages, bei der PEAG-Personaldebatte zum Frühstück am 18. Mai 2022 einig. Im Café Einstein in Berlin diskutierten sie zum Thema „Von Sonntagsreden zum konkreten Handeln – Wie geht es weiter mit der Digitalisierung?“

Rogge-Strang unterstützte das Bemühen der Bundesregierung, die Digitalisierung in allen Bereichen zu beschleunigen. Es müsse überall digitalen Zugang geben, damit sich beispielsweise neue mobil-flexible Arbeitsformen durchsetzen könnten. Dafür brauche es vor allem eine bessere digitale Infrastruktur. Dem stünden bislang jedoch Probleme beim Verlegen von Glasfaserkabeln, schleppende Genehmigungsverfahren und zu restriktive Datenschutzbestimmungen im Wege.

Maik Außendorf bewertete die Pandemie als Booster für die Digitalisierung und betonte ebenfalls die Bedeutung einer guten Infrastruktur für digitales Arbeiten. Da müsse Deutschland deutlich schneller werden, sowohl im Breitband als auch im Mobilfunk. Ziel der Politik sei es, dass mittelfristig in jedes Haus Glaserfaser komme.

Carsten Rogge-Strang betonte darüber hinaus, der Übergang in eine hybride Arbeitswelt erfordere ein Umdenken auf allen Ebenen. Ein bloßes Aufsummieren von Arbeitsanteilen im Büro und Arbeit im Homeoffice reiche nicht, es gehe um eine virtuell vernetzte Arbeitsorganisation, bei deren Gestaltung Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen gefragt seien. Bei der rechtlichen Ausgestaltung wünschten sich die Arbeitgeber mehr Freiräume bei der Verteilung der Arbeitszeit.