Tarifrunde 2021/22

Nach über neunmonatiger Verhandlungsdauer haben sich die Tarifparteien im privaten Bankgewerbe am 6. April 2022 auf einen Gehaltsabschluss verständigt. Er sieht bei einer Laufzeit von 35 Monaten (bis Ende Mai 2024) Entgeltsteigerungen in zwei Stufen um insgesamt 5,0 Prozent und zwei Einmalzahlungen von je 500 Euro vor, darüber hinaus deutlich überproportionale Anhebungen der Ausbildungsvergütungen. Über das von den Arbeitgebern angebotene Zukunftspaket mit Tarifverträgen zu Mobilarbeit, Nachwuchskräften und betrieblicher Altersversorgung kam keine Einigung zustande.

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Verhandlungsverlauf

Fast viermonatige Verhandlungspause

Seit Beginn der Banken-Tarifrunde im Juli 2021 hatte der AGV Banken betont, dass er den Abschluss gleichlautender Tarifvertragswerke mit allen Gewerkschaften im privaten Bankgewerbe anstrebt. Damit geriet die Tarifrunde nach dem Verhandlungsabbruch durch die Gewerkschaft Verdi im dritten Verhandlungstermin am 24. September – trotz des konstruktiven vierten Termins mit der Gewerkschaft DBV Mitte Oktober – zunächst ins Stocken. Dennoch erklärten die Arbeitgeber weiterhin ihre Gesprächsbereitschaft zu allen Aspekten der Tarifagenda, insbesondere zu den Themen Gehalt, Nachwuchskräfte-Tarifvertrag, betriebliche Altersversorgung und Mobilarbeit.

Es dauerte jedoch bis Mitte Dezember, bis alle Beteiligten ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der Verhandlungen signalisierten. Nach Gesprächen auf der Arbeitsebene verständigten sich die Tarifparteien auf einen weiteren Verhandlungstermin am 17. Januar 2022. Im Vorfeld betonten die Arbeitgeber, nach über einem halben Jahr bräuchten die Beschäftigten und die Unternehmen endlich Klarheit und Planungssicherheit.

Fünfter Verhandlungstermin: Abbruch nach erhöhten Verdi-Forderungen, Arbeitgeber empfehlen Einmalzahlung für Tarifbeschäftigte

Der fünfte Verhandlungstermin am 17. Januar fand corona-bedingt rein virtuell statt. Direkt zu Verhandlungsbeginn wurde jedoch deutlich, dass auch in diesem Termin keine Einigung möglich sein würde, weil die Gewerkschaft Verdi zusätzliche unüberwindbare Hürden für eine Tarifeinigung aufbaute. So verschärfte Verdi ihre ursprüngliche Gehaltsforderung (4,5 Prozent für 12 Monate) massiv, was zu einer Belastung des laufenden Kalenderjahres in Höhe von 7,1 Prozent geführt hätte: Verdi verlangte bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Einmalzahlung von 1.500 Euro, die Erhöhung der Tarifentgelte um 3,5 Prozent zum Januar 2022 und um weitere 2,5 Prozent zum Januar 2023 sowie zwei zusätzliche Urlaubstage, was einer dauerhaften Verteuerung der Arbeit um weitere 0,9 Prozent entsprochen hätte. Darüber hinaus wollte Verdi das Verhandlungspaket mit den wichtigen Themen Mobilarbeit, Nachwuchskräfte und Sozialpartnermodell Betriebsrente aufweichen und wichtige Elemente erst im weiteren Jahresverlauf verhandeln, obwohl die Verhandlungen zur inhaltlichen Modernisierung des Tarifwerks teilweise bereits seit fast zwei Jahren intensiv geführt worden waren.

Damit war auch knapp sieben Monate nach dem Auftakt der Tarifrunde keine Einigung in Sicht, die Verhandlungen wurden ergebnislos unterbrochen. Die Arbeitgeber erklärten, mit ihrem Verhalten stelle Verdi infrage, ob eine baldige Fortsetzung der Tarifverhandlungen sinnvoll sei. Vieles spreche für eine längere Denkpause.

Um zu verhindern, dass der Tarifstreit auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, empfahl der AGV Banken seinen Mitgliedsunternehmen im Vorgriff auf einen möglichen Abschluss bis April 2022 eine Einmalzahlung für Tarifbeschäftigte in Höhe von 500 Euro und für Auszubildende in Höhe von 100 Euro (jeweils brutto). Die Arbeitgeber betonten, damit sollten insbesondere die Beschäftigten in den unteren Einkommensgruppen gestärkt werden, weil die Zahlung für diese überproportional wirke.

Sechster Verhandlungstermin: Einigung

Mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar und den daraus resultierenden geopolitischen und ökonomischen Folgen veränderte sich das Umfeld für die laufenden Tarifverhandlungen gravierend. Die Tarifparteien standen vor der Frage, wie sich in solch unsicheren Zeiten tarifpolitisch Planungssicherheit herstellen lässt. Nach Vorgesprächen im März vereinbarten der AGV Banken und die Gewerkschaften einen weiteren Verhandlungstermin am 6. April, der ebenfalls rein virtuell stattfand. In diesem Termin gelang schließlich die Einigung auf einen Tarifabschluss.

Tarifabschluss

Gehaltsanhebung in zwei Stufen und zwei Einmalzahlungen

Am 6. April 2022 verständigten sich der AGV Banken und die Gewerkschaften Verdi und DBV nach über neunmonatiger Verhandlungsdauer auf einen Tarifabschluss mit folgenden Elementen:

  • Abschluss eines neuen Gehaltstarifvertrags mit folgenden Komponenten:
  1. Laufzeit: 35 Monate (Juli 2021 bis Mai 2024)
  2. Lineare Erhöhung: Nach 13 Leermonaten (Juli 2021 bis Juli 2022) steigen die Tarifgehälter ab dem 1. August 2022 um 3,0 Prozent und in einer zweiten Stufe ab dem 1. August 2023 um weitere 2,0 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen ab 1. August 2022 deutlich überproportional: im ersten Ausbildungsjahr auf 1.150 Euro (plus 114 Euro), im zweiten Ausbildungsjahr auf 1.220 Euro (plus 122 Euro) und im dritten Ausbildungsjahr auf 1.300 Euro (plus 140 Euro). Das entspricht in den ersten beiden Ausbildungsjahren einer Steigerung um jeweils 11,1 Prozent, im dritten Ausbildungsjahr um 12,1 Prozent.
  3. Einmalzahlungen: Die Tarifangestellten erhalten zwei rechtlich voneinander unabhängige pauschale Einmalzahlungen in Höhe von jeweils 500 Euro, auszahlbar spätestens im April 2022 und im Januar 2023. Zu diesen Zeitpunkten erhalten auch die Auszubildenden pauschale Einmalzahlungen in Höhe von jeweils 100 Euro.
  4. Aus der linearen Erhöhung und den beiden Einmalzahlungen ergibt sich innerhalb der Laufzeit – umgerechnet auf 12 Monate – eine Durchschnittsbelastung von 1,55 Prozent. Der langfristige Tarifsockel (nur bezogen auf die linearen Erhöhungen) steigt – ebenfalls auf 12-Monats-Basis – um 1,71 Prozent. Die Kalenderjahres-Belastung liegt im Jahr 2022 bei 2,27 Prozent und im Jahr 2023 bei 2,51 Prozent.
  5. Verlängerung der Öffnungsklausel zur Beschäftigungssicherung (31-Stunden-Klausel), des Altersteilzeit-Tarifvertrags, der Rahmenregelung zu Langzeitkonten und des Tarifvertrags zur Regelung der Kurzarbeit bis Ende Dezember 2024.

Mit dem Gehaltstarifabschluss erkennen die privaten Banken die Leistung ihrer Beschäftigten in schwierigen Zeiten an und mildern deutlich die Folgen der erhöhten Inflation insbesondere für die Beschäftigten in den unteren und mittleren Vergütungsgruppen, die von den beiden Einmalzahlungen überproportional profitieren. So erhalten beispielsweise Privatkundenberater im Filialgeschäft (Tarifgruppe 7 / 9. Berufsjahr) über die Laufzeit hinweg insgesamt rund 7 Prozent mehr Geld.

Von besonderer Bedeutung ist die deutliche Anhebung der Ausbildungsvergütungen. Damit sind die privaten Banken nicht nur in der Ausbildungsqualität, sondern auch in der Ausbildungsvergütung führend und senden ein wichtiges Signal im Wettbewerb um gut qualifizierte Nachwuchskräfte.

Bedauerlich ist aus Sicht der Banken-Arbeitgeber, dass keine Einigung über das angebotene Zukunftspaket zustande kam. Dazu gehörten ein eigenständiger Nachwuchskräfte-Tarifvertrag, eine Rahmenregelung zur Mobilarbeit und ein Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente.