Banken-Arbeitgeber: Gehaltsforderungen angesichts tiefgreifender Transformation und hohem Kostendruck unrealistisch

Berlin
18.6.2021
  • Sabine Schmittroth: „Kostendisziplin bleibt oberstes Gebot“
  • Sondereffekte bei Konjunktur, Inflation und Bankerträgen kein Maßstab zur Beurteilung des Verteilungsspielraums

Die Banken-Arbeitgeber weisen die Gehaltsforderungen der Gewerkschaften für die anstehende Tarifrunde (Beginn: 1. Juli) als unrealistisch zurück. Die von der Gewerkschaft Verdi geforderte Entgeltsteigerung in Höhe von 4,5 Prozent (mindestens 150 Euro monatlich) liege bereits weit über den Möglichkeiten der Branche, hinzu kämen weitere kostenträchtige Forderungen. Auch die Gehaltsforderungen der Gewerkschaften DBV (4,8 Prozent plus 2,6 Prozent über Arbeitszeitverkürzung) und DHV (5,3 Prozent auf 12 Monate gerechnet plus 2,6 Prozent über Arbeitszeitverkürzung) seien nicht darstellbar.

Die Banken wüssten den Einsatz ihrer Beschäftigten während der Pandemie insbesondere in systemrelevanten Bereichen sehr zu schätzen und hätten dafür auch die entsprechende Anerkennung gewährt. Das private Bankgewerbe stehe aber weiterhin unter erheblichem Kostendruck und befinde sich mitten in einem tiefgreifenden Transformationsprozess mit massivem Personalabbau in diesem und in den kommenden Jahren. Diese Situation werde sich noch verschärfen, wenn bislang verdeckte Risiken einträten. Dazu gehörten möglicherweise erhöhte Kreditausfälle ebenso wie die krisenbedingt verlängerte Niedrigzinsphase. „Die Banken bleiben auf Jahre hinaus auf der Kosten- und der Ertragsseite unter Druck, und wir haben es zurzeit mit so vielen Risiken und Unsicherheiten zu tun wie lange nicht. In dieser Situation ist strikte Kostendisziplin das oberste Gebot“, sagt Sabine Schmittroth, Vorsitzende des AGV Banken und Verhandlungsführerin der Arbeitgeber.

Daran änderten auch temporäre Sondereffekte nichts: Dem leichten Zwi-schenhoch auf der Ertragsseite bei einigen Banken durch den Aufschwung an den Kapitalmärkten stünden demnächst voraussichtlich hohe Gebührenrückzahlungen gegenüber, ausgelöst durch das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs. Die aktuelle Konjunkturerholung sei vor allem eine technische Reaktion auf den dramatischen Einbruch während der Hochphase der Pandemie, die Rückkehr der Wirtschaftsleistung auf das ohnehin niedrige Vorkrisen-Niveau noch längst nicht erreicht. Und die kurzzeitig erhöhte Inflation basiere zu einem Gutteil auf Nachholeffekten und werde nach allen Prognosen bereits im kommenden Jahr wieder deutlich abklingen. Sabine Schmittroth: „Wir dürfen uns nicht von den vielen Sondereffekten täuschen lassen, die zurzeit den Blick auf die Realität in unserer Branche verstellen. Diese Faktoren können kein Maßstab für die Beurteilung des Verteilungsspielraums im privaten Bankgewerbe sein, der weiterhin sehr gering ist.“

Neben den Gehaltsforderungen weist der AGV Banken auch die Forderungen der Gewerkschaften nach übergreifenden Tarifregelungen zur Mobilarbeit zurück. Insbesondere die Verdi-Forderung nach einem Anspruch auf mobile Arbeit zwischen 20 und 60 Prozent der Arbeitszeit in Verbindung mit einer Erstausstattungs-Pauschale für mobil Arbeitende in Höhe von 1.500 Euro sei systemfremd. Sabine Schmittroth: „Wir sollen einen massiven Eingriff in das gesetzlich garantierte Direktionsrecht des Arbeitgebers akzeptieren und diesen auch noch finanzieren. Das ist mit uns nicht zu machen.“ Die Banken gehörten seit Jahren zu den Branchen mit den flexibelsten Arbeitsmodellen. Sie hätten während der Pandemie schnell die nötige technische Infrastruktur für eine Ausweitung der Mobilarbeit bereitgestellt. Die Erfahrungen zeigten, dass die Gestaltung von Mobilarbeit eine differenzierte Herangehensweise erfordere und je nach Geschäftsmodell, Arbeitsorganisation und Unternehmenskultur sehr unterschiedlich sei. Daher seien übergreifende Regelungen auf der Tarif-ebene nicht sachgerecht, das Thema gehöre auf die Betriebsebene.

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Dem AGV Banken gehören rund 100 Institute (Großbanken, Regionalbanken, Pfandbriefbanken, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen) mit rund 135.000 Beschäftigten an. Der Arbeitgeberverband vertritt die sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder, schließt als Tarifträger auf Bundesebene Tarifverträge mit den Gewerkschaften ab, informiert und berät die Mitgliedsinstitute und vertritt sie vor Arbeits und Sozialgerichten in Grundsatzfragen. Darüber hinaus nimmt er die sozialpolitischen Belange des privaten Bankengewerbes gegenüber Regierungs- und Verwaltungsstellen wahr. Der AGV Banken unterstützt seine Mitglieder in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und berät die zuständigen Ministerien bei der Entwicklung von einschlägigen Gesetzen und Ausbildungsordnungen.