Beschäftigte im privaten Bankgewerbe sehen Digitalisierung überwiegend als Chance – Gute Zusammenarbeit bleibt zentraler Erfolgsfaktor

Berlin
20.10.2015
  • AGV-Studie: Fast die Hälfte der Mitarbeiter erwartet in den nächsten zwei Jahren starke Veränderungen im Unternehmen und im persönlichen Arbeitsumfeld
  • Große Mehrheit rechnet mit Verbesserungen bei Kundenorientierung, internen Prozessen und Flexibilität der eigenen Arbeit
  • Aspekte Führung und Teamgeist werden differenziert beurteilt, Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen stärkster Treiber für Arbeitszufriedenheit und Motivation

Die große Mehrheit der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe sieht in der fortschreitenden Digitalisierung erheblich mehr Chancen als Risiken: Über die Hälfte erwartet, dass die Digitalisierung gut fürs Geschäft ist und sich interne Abläufe und Kommunikation verbessern. Dagegen rechnen nur etwa zehn Prozent mit Verschlechterungen. Überwiegend positiv ist die Einschätzung auch mit Blick auf das eigene Arbeitsumfeld: Mehr als ein Drittel der Beschäftigten geht davon aus, dass die Digitalisierung ihnen zu mehr Flexibilität und Freiräumen verhilft, insbesondere mit Blick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben; negative Auswirkungen erwarten hier maximal 15 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Beschäftigtenbefragung des Sozialforschungsinstituts TNS Emnid für den Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken).

„Die Digitalisierung entfaltet im Bankgewerbe derzeit an der Schnittstelle zu den Kunden eine neue Dynamik und Qualität, zugleich etablieren sich auf Basis digitaler Technologien neue Organisations- und Arbeitsformen. Es macht Mut, dass die Beschäftigten in den anstehenden Veränderungen neben Risiken vor allem Chancen sehen“, kommentiert Dr. Gerd Benrath, Hauptgeschäftsführer des AGV Banken, die Erhebungsdaten.

Ausmaß der erwarteten Veränderungen | Die Studie zeigt: Die große Mehrheit der Beschäftigten ist sich sehr bewusst, dass die Digitalisierung die Arbeit im Bankgewerbe bereits kurzfristig weiter verändern wird. 80 Prozent erwarten dadurch in den kommenden beiden Jahren mindestens moderate Auswirkungen auf ihr Unternehmen oder ihr persönliches Arbeitsumfeld, knapp die Hälfte (44 Prozent) rechnet mit starken Auswirkungen. Umgekehrt geben lediglich 13 Prozent an, dass sie nur mit geringen oder gar keinen Veränderungen rechnen.

Bewertung der Veränderungen | Zugleich zeigt sich sehr deutlich: Wer starke Veränderungen erwartet, beurteilt diese auch überwiegend positiv. Das gilt insbesondere für die Gruppe, die mit starken Veränderungen im persönlichen Arbeitsumfeld rechnet. Hier sind die Digital Natives (ab 1980 Geborene) überdurchschnittlich vertreten. Ganz offensichtlich wächst also eine Generation in den Bankberuf hinein, die mit der Digitalisierung nicht nur besonders viel anfangen kann, sondern damit auch zuversichtlich und konstruktiv umgeht.

Über alle Altersgruppen hinweg erwarten die Beschäftigten neben größerer Flexibilität vor allem, dass sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten künftig besser einsetzen können und dass sie größere Entscheidungsspielräume und mehr Zeit und Ressourcen erhalten (jeweils rund ein Drittel positive Antworten). Beim letztgenannten Aspekt erwartet aber immerhin auch ein Fünftel Verschlechterungen.

Auswirkungen auf Führungsverhalten und Teamgeist | Sehr differenziert bewertet werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf Führungsverhalten und Teamgeist. Hier fallen die positiven Erwartungen am geringsten aus und halten sich beim Thema Führung die Waage mit negativen Einschätzungen (jeweils etwa 20 Prozent), beim Teamgeist überwiegen sogar die skeptischen Bewertungen; jeweils über ein Drittel der Beschäftigten erwartet sowohl Verbesserungen als auch Verschlechterungen. Diese ambivalente Haltung ist offenbar Ausdruck einer Unsicherheit, wie sich Führung und Kommunikation künftig in zunehmend dezentral und zeitlich versetzt arbeitenden Teams organisieren lassen – verbunden mit Befürchtungen, die zunehmend positiv bewertete Führungs- und Teamqualität könne leiden. Immerhin beurteilen derzeit rund 80 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe Fragestellungen zur Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen positiv.

Zugleich belegt die Studie: Die Beschäftigten, die in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen durch die Digitalisierung Verbesserungen erwarten, haben die mit Abstand höchste Arbeitszufriedenheit; umgekehrt sind die größten Skeptiker am unzufriedensten. „Gute Führung und funktionierende Teams bleiben auch in der digitalen Arbeitswelt die zentralen Erfolgsfaktoren für Arbeitszufriedenheit und Motivation“, so Dr. Gerd Benrath. „Digitale Technologien ermöglichen und treiben den Wandel, aber gestaltet wird er von und zwischen Menschen – auch weiterhin.“

Arbeitsplatzsicherheit | Aufschlussreiche Ergebnisse liefert die Untersuchung zum Aspekt Arbeitsplatzsicherheit. Hier spiegeln die Antworten einerseits Unsicherheiten wider, die sich aus dem anhaltenden Personalabbau im Privatkundengeschäft ergeben: Wenig überraschend erwarten die Beschäftigten mehrheitlich negative Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplatzsicherheit (31 Prozent), und besonders ausgeprägt ist diese Haltung erwartungsgemäß unter den Retailbankern (39 Prozent). Andererseits rechnen aber auch 26 Prozent aller Beschäftigten damit, dass sich ihre Arbeitsplatzsicherheit verbessern wird – und überraschenderweise sogar ein noch etwas höherer Anteil (27 Prozent) unter den Retailbankern. Die Beschäftigten sind sich also über den anstehenden (auch digitalisierungsbedingten) Personalabbau im Klaren, sehen aber auch Chancen, dass ihr Job erhalten bleibt oder sich in ihrem Tätigkeitsfeld neue Möglichkeiten ergeben. Dafür spricht zusätzlich, dass die Beschäftigten im Retailbanking überdurchschnittlich positiv gestimmt sind, was ihren Einsatz gemäß der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten angeht. Dr. Gerd Benrath: „Selbst dort, wo sich größere Teile der Belegschaften skeptisch zeigen, sehen auch viele Beschäftigte gute Perspektiven. Diese gilt es zu erkennen und zu nutzen.“

Grafiken unten als Download verfügbar

Über die Studie

  • Repräsentative Erhebung unter 800 Beschäftigten von privatrechtlich geführten Kreditinstituten in Deutschland, 1. Halbjahr 2015; TNS Emnid im Auftrag des AGV Banken
  • Einschätzung durch die Beschäftigten, ob sie in den nächsten zwei Jahren in ihrem Unternehmen und im persönlichen Arbeitsumfeld Veränderungen durch die Digitalisierung erwarten, wie stark sie diese einschätzen und ob sich erwartete Veränderungen positiv oder negativ auswirken

Die ausführlichen Studienergebnisse stehen auf der Website des Verbandes unter www.agvbanken.de zum Download bereit.

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Dem AGV Banken gehören rund 100 Institute (Großbanken, Regionalbanken, Pfandbriefbanken, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen) mit rund 135.000 Beschäftigten an. Der Arbeitgeberverband vertritt die sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder, schließt als Tarifträger auf Bundesebene Tarifverträge mit den Gewerkschaften ab, informiert und berät die Mitgliedsinstitute und vertritt sie vor Arbeits und Sozialgerichten in Grundsatzfragen. Darüber hinaus nimmt er die sozialpolitischen Belange des privaten Bankengewerbes gegenüber Regierungs- und Verwaltungsstellen wahr. Der AGV Banken unterstützt seine Mitglieder in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und berät die zuständigen Ministerien bei der Entwicklung von einschlägigen Gesetzen und Ausbildungsordnungen.