Ausbildungsordnung für Bankkaufleute
Die Ausbildungsordnung Bankkaufmann / Bankkauffrau 2020: Digital, transparent, kunden- und praxisorientiert
Moderne Berufsausbildung
Die Ausbildungsordnung zum Bankkaufmann / zur Bankkauffrau wurde zum 1. August 2020 umfassend neugestaltet. Sie ist ein Meilenstein in der Entwicklung des Bankberufes und macht fit für eine moderne Banken-Arbeitswelt.
Die Ausbildung stellt den Kunden konsequent in den Mittelpunkt und berücksichtigt von Anfang an Aspekte der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt.
Neben den Kompetenzen des Bankgeschäfts beinhaltet sie auch den Erwerb kundenorientierte Schlüsselkompetenzen und bietet Grundlagen moderner Arbeitsformen und Arbeitsmethoden wie Prozessorientierung und projektorientiertes Arbeiten („agile working“).
Ausbildungsvergütungen ab dem 01.08.2024
Neben der monatlichen Ausbildungsvergütung erhalten Nachwuchskräfte tariflich folgende Zusatzleistungen:
- Eine Sonderzahlung in Höhe einer Monatsvergütung pro Jahr
- Vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 40 Euro pro Monat
Die Wochenarbeitszeit beträgt 39 Stunden.
Nachwuchskräfte haben Anspruch auf 30 Tage Urlaub pro Jahr.
Dual Studierende haben abweichend von den Auszubildenden im letzten Studienjahr einen Anspruch auf eine monatliche Vergütung von 1.540 Euro.
Ausbildung zur Bankkauffrau / zum Bankkaufmann
Gesetzliche Grundlage der staatlich geregelten Berufsausbildung ist die am 01.08.2020 in Kraft getretene neue „Verordnung über die Berufsausbildung zum Bankkaufmann / zur Bankkauffrau“ (in Form der Änderungsverordnung vom 30.04.2021).
Die Ausbildungsdauer beträgt grundsätzlich drei Jahre. In der Regel wird die Ausbildungsdauer für Abiturienten und Absolventen mit Fachhochschuleife (auch Berufsfachschule oder zweijährige Handelsschule) auf zwei Jahre, für Realschüler auf zweieinhalb Jahre verkürzt.
Die Berufsausbildung erfolgt an zwei Lernorten (duales System).
Die Ausbildung in der Bank, die in der Regel aus der praktischen Ausbildung an den verschiedenen Arbeitsplätzen und einem betriebsinternen Unterricht besteht, wird vom theoretischen Unterricht in der Berufsschule begleitet.
Der Berufsschulunterricht wird entweder als Teilzeitunterricht oder als Blockunterricht erteilt. Während der Teilzeitunterricht an ein bis zwei Tagen pro Woche abgehalten wird und an den anderen Arbeitstagen der Woche im Betrieb ausgebildet wird, erfolgt beim Blockunterricht die Ausbildung im Wechsel über mehrere Wochen entweder im Betrieb oder in der Berufsschule.
Die Berufsausbildung endet mit einer Prüfung vor der örtlichen Industrie- und Handelskammer. Die erfolgreichen Prüflinge erhalten ein Prüfungszeugnis, ferner ein Zeugnis vom Ausbildungsbetrieb und ein Abschlußzeugnis der Berufsschule.
Informationen zum Ausbildungsberuf Bankkaufmann / Bankkauffrau, wie die Ausbildungsordnung mit Ausbildungsrahmenplan, den Rahmenlehrplan der Berufsschulen und Broschüren zur neuen Ausbildungsordnung stehen auf der Internetseite des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zum Download bereit.
Inhalt der Ausbildung
Handlungsorientierung und Kompetenzen
Die wesentlichen relevanten Arbeits- und Geschäftsprozesse des typischen Einsatzbereichs von Bankkaufleuten werden in der Ausbildungsordnung durch die berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen (BBP) definiert. Die Ausbildungsordnung ist handlungsorientiert formuliert. Das bedeutet, dass die Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten in Form vollständiger Handlungen, in denen fachliche, methodische, soziale sowie personale Kompetenzen berücksichtigt werden erfolgt. Diese und orientieren sich an den betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen.
Herzstück der Ausbildung ist die Kundenbeziehung, entlang der die zu vermittelnden Kompetenzen aufgebaut werden. Der ganzheitlichen Beratungskompetenz kommt in der neuen Ausbildungsordnung ein besonders hoher Stellenwert zu.
Berufsbildpositionen der Ausbildungsordnung
Die Berufsbildpositionen lassen sich in vier Kategorien einteilen:
- Berufsbildpositionen, die an klassische Geschäftsfelder von Banken anknüpfen,
- Berufsbildpositionen, die kundenorientierte Schlüsselkompetenzen darstellen und damit nicht mehr nur als „soft skills“ wahrgenommen werden,
- Berufsbildpositionen, die moderne Arbeitsformen und Arbeitsmethoden vermitteln (Stichwort „agile working“) und
- Standardberufsbildpositionen (integrativ), die in jedem Berufsbild vermittelt werden müssen.
Die Ausbildungsordnung für Bankkaufleute besteht aus 12 berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen (BBP 1 bis 12).
Schlüsselkompetenzen
Mit den Berufsbildpositionen Serviceleistungen anbieten (1), Kunden ganzheitlich beraten (2) und Kunden gewinnen und Kundenbeziehungen intensivieren (3) und der damit verbundenen Darstellung strukturierter Arbeitsprozesse haben die Banken Neuland betreten. Diese Positionen sind das Herzstück und der Meilenstein der Ausbildungsordnung. Sie formulieren - zusammen mit den eigenständigen kundenbezogenen Kompetenzen - die Schlüsselkompetenzen des neuen Berufsbildes.
Die aufeinander aufbauende Trias „Serviceleistungen anbieten - ganzheitliche Beratung - Neukundengewinnung“ spiegelt den hohen Anspruch der Banken an Dienstleistungsbereitschaft und hohe Beratungsqualität wider. Gerade die ganzheitliche Beratung stellt die Kunden, ihre individuelle Situation und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt und bildet die Grundlage für eine nachhaltige Kundenbeziehung. In die neuen Berufsbildpositionen fließen deshalb auch kommunikative, sprachliche, soziale und soziokulturelle Kompetenzen ein, ebenso wie analytische Fähigkeiten, vernetztes Denken und die Fähigkeit, digitale Arbeitsmittel und Methoden im Rahmen beruflicher Handlungen einzusetzen.
Moderne Arbeitsformen
Aspekte moderner Arbeitsformen wie agile Arbeit, Prozessorientierung oder Teamarbeit finden sich in der Berufsbildposition „Projektorientiert arbeiten“ (12) sowie in der integrativ zu vermittelnden Berufsbildposition „Prozesse und Wechselwirkungen einschätzen“ (1). Sie zeigen die Wichtigkeit von Methodenkompetenzen bereits in der beruflichen Erstausbildung.
Bankfachliche Kompetenzen
Besonderes Augenmerk wird in der Ausbildung auch auf den Erwerb bankspezifischer Kompetenzen gelegt. Die Berufsbildposition „Vermögen bilden mit Wertpapieren“ (6) schafft schon in der Ausbildung zum Bankkaufmann/zur Bankkauffrau die Möglichkeit, die Anforderungen an die fachliche Beraterqualifikation nach dem WpHG in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht erfüllen zu können. Die in § 1 der WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung enthaltenen erforderlichen fachlichen Kompetenzen finden sich im Ausbildungsrahmenplan und flankierend im Rahmenlehrplan der Berufsschulen.
Die Bereiche Rechnungswesen und Zahlungsverkehr sind einer modernen Arbeitswelt angepasst. Angesichts automatisierter Massenprozesse sind vertiefte Kenntnisse im Zahlungsverkehr nur noch in Sonderfällen erforderlich wie beispielsweise im Auslandszahlungsverkehr (insbesondere bei gewerblichen Kunden). Diese Kenntnisse sind nicht mehr prüfungsrelevant. Der Bereich Barzahlungsverkehr - das bezieht auch die Ausbildung an einer Kasse ein - gehört, nicht mehr in die Mindestanforderungen der Ausbildung zur Bankkauffrau / zum Bankkaufmann.
Kenntnisse im Rechnungswesen gehören zu den für eine kaufmännische Ausbildung erforderlichen Fähigkeiten, ihre Bedeutung hat jedoch durch die Zentralisierung buchhalterischer Vorgänge abgenommen.
Im Bereich der gewerblichen Kunden („Firmenkunden") sind Grundkenntnisse des Rechnungswesens insbesondere für die Prüfung der Kreditwürdigkeit („Rating“)erforderlich, diese finden sich in der BBP „an gewerblichen Finanzierungen mitwirken“ (10) und „Instrumente der kaufmännischen Steuerung und Kontrolle nutzen“ (11) und flankierend im Rahmenlehrplan der Berufsschulen, der zwei Lernfelder (LF) mit Inhalten des Rechnungswesens - LF 7 (Wertströme und Geschäftsprozesse erfassen und dokumentieren) und LF11 (Wertschöpfungsprozesse erfolgsorientiert steuern) - enthält. Der Bereich Rechnungswesen ist nur bedingt im Zusammenhang mit beruflichen Kompetenzen prüfungsrelevant.
Abschlussprüfung
Die Abschlussprüfung findet vor der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) statt. Sie besteht aus einem schriftlichen Teil in Form der gestreckten Abschlussprüfung und einer mündlichen Prüfung in Form eines Kundenberatungsgesprächs.
Schriftlicher Teil
Der schriftliche Teil der Abschlussprüfung wird in Form einer gestreckten Abschlussprüfung (GAP) durchgeführt. Bei dieser modernen Prüfungsvariante entfällt eine Zwischenprüfung (die in vielen anderen Berufen als Abschluss des ersten Berufsschuljahres vorgesehen ist). Bei den Bankkaufleuten werden die Ausbildungsinhalte der ersten 15 Monate der Ausbildung zeitlich ungefähr nach der Hälfte der Ausbildung abschließend geprüft (GAP Teil I). Die Note dieser Prüfung ist Teil der Abschlussnote.
Im zweiten Teil der Abschlussprüfung (GAP Teil II) werden vorrangig bankfachliche Inhalte geprüft, die in der zweiten Ausbildungshälfte vermittelt werden (neben Wirtschafts- und Sozialkunde als Standardprüfungsfach).
Mündliche Prüfung - Gesprächssimulation Kundenberatung
Die mündliche Abschlussprüfung findet in Form eines simulierten Kundenberatungsgesprächs statt. Dieses Gespräch soll realistische Beratungssituationen im Berufsalltag abbilden.
Die Kandidaten können zwischen zwei Aufgaben unterschiedlicher Prüfungsbereiche wählen (Konten führen, Anschaffungen finanzieren, Vermögen aufbauen, Risiken absichern und private Baufinanzierungen begleiten). Die nachzuweisenden Kompetenzen orientieren sich am definierten Leitbild einer realistischen, strukturierten Beratungssituation. Dabei finden sich die Ansätze der ganzheitlichen Kundenberatung und die Verwendung beratungsunterstützender digitaler oder analoger Hilfsmittel in den Fähigkeiten wieder, die in der mündlichen Prüfung nachzuweisen sind. Die Prüfungszeit beträgt, an realistischen Kundensituationen orientiert, 30 Minuten.